Dafür, dass das hier ein Forum zur Spieleentwicklung sind einige hier aber ziemlich pessimistisch gegenüber der Branche bzw. des Berufes eingestellt.
Zunächst möchte ich mal feststellen, dass ich bemerke, dass es speziell in Deutschland diese ziemlich pessimistische und stringente Einstellung gegenüber der Spieleentwicklung gibt. Das ist ein Problem.
Ich lebe derzeit in Dänemark und was hier abgeht in Sachen Spiele ist der Wahnsinn im Vergleich mit good old Germany. Hier gibt es in jeder größeren Stadt Gemeinschaften, die sich mit Spieleentwicklung beschäftigen und es gibt diverse Vereinigungen, die laufend Events anbieten an denen man teilnehmen kann. Zu guter Letzt gibt es diverse Förderungen vom Staat Dänemark, da hier die Spieleentwicklung ein anerkannter und respektierter Beruf ist.
Das ist in Deutschland anders, wie ich leider feststellen muss. Es gibt kaum Firmen (hauptsächlich Browser-Games), Vereinigung, Gemeinschaften, etc. Von einer Förderung vom Staat brauchen wir gar nicht reden. Hierzulande muss man sich ja regelrecht schämen, wenn man sich als Spieleentwickler outet. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Reputation der Videospiele im letzten Jahrzehnt hier in Deutschland in den Medien regelrecht zerstört wurde. Ich nenne nur mal "Killerspiele" oder "Internetspiele-Suchtgefahr" als Stichworte.
Die Situation hier in Deutschland ist erschreckend. Ich bin vorhin erst bei einer Recherche auf
diesen hervorragenden Artikel gestossen, der die (nicht-existente) Indie-Szene in Deutschland beleuchtet.
Der Beruf des Spieleentwicklers ist ein sehr facettenreicher und kreativer. Es gibt viele unterschiedliche Disziplinen von denen die eigentliche Programmierung nur ein Teil davon. ist. Es gibt sicher diese Jobs in größeren Firmen, wo man jeden Morgen zur Arbeit geht, seinen Schuh runter programmiert und dann am Ende des Monats sein Gehalt kassiert. Das ist aber sicher nicht sehr spannend und lässt eigentlich alles außer Acht, was diesen Beruf spannend machen könnte. Das Spannende ist nämlich, dass man sehr inter-disziplinär und kreativ arbeitet, da man - wie in wenigen anderen Berufen - in einem vielseitigen Umfeld arbeitet, das so viele unterschiedliche Berufsfelder abdeckt.
Die Sicherheit, die man als Deutscher gerne sucht, ist in diesem Beruf nicht unbedingt gegeben, was sicher auch ein Grund dafür ist, dass dieser Berufszweig hier so missachtet ist. Wie bereits zuvor hier erwähnt, kann die Zukunft eines ganzen Studios von einem Projekt abhängen. D.h. man ist als kleiner Angestellter von der Entscheidungsfähigkeit und der Management-Fähigkeiten der Geschäftsleitung angewiesen. In den letzten Jahren gibt es dann noch den Trend, dass auf Grund steigender Entwicklungskosten nur die großen Fische überleben können, was zum Tod vieler kleiner, bekannter Entwicklungsstudios und sogar bekannten Publishern geführt hat. Diese Leere wurde in den letzten Jahren aber gefüllt von der so genannten Indie-Community, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass es noch nie so einfach war ein Spiel zu machen wie heute. Es gibt so viele Tools und Engines zu erschwinglichen Kosten und für jeden Geschmack. Ob man nun als Artist oder Designer von Programmierung keine Ahnung hat oder man super-technisches Verständnis hat, aber auf Teufel-komm-raus nicht mal einen Stricht gerade ziehen kann, man kann mit den heutigen Werkzeugen leicht was zusammenschustern.
Und damit wäre ich nach dieser langen Einleitung auch bei der Essenz auf was ankommt: die Entwicklung von Spielen.
Klar, wenn du programmieren willst, dann ist ein Informatik-Studium schon ein Muss. Entgegen der Erwartungen muss man aber keinen Doktortitel haben um Spiele zu machen. Wichtiger ist doch, dass man sein Handwerk versteht und deswegen wird praktische Erfahrung in dieser Branche weitaus mehr geschätzt als dieses theoretische Gedrösel was man an der Uni lernt. Wenn du dir mal die Stellenausschreibungen internationaler Studios anschaust, fällt auf, dass meist unter den Voraussetzungen nicht mehr als ein Bachelor in Informatik ("Computer Science") ODER VERGLEICHBARES verlangt wird. Und das ist auch meine Erfahrung.
Diese Firmen legen viel mehr wert darauf, dass man ein gewisses Portfolio von Arbeitsproben vorweisen kann. Das können ganze Spiele sein oder je nach Spezialisierung auch andere Sachen (als Grafikprogrammierer sendet man vielleicht seinen eigenen coolen Shader oder seinen eigenen Raytracer). Wichtig ist für diese Studios, dass man vorweisen kann, dass man die ganzen Aspekte, die in die Spieleentwicklung einfließen, kennt und damit umzugehen weiß.
Klar, kann man diese Kenntnisse mit spezialisierten Studiengängen erwerben, aber meist sind diese an öffentlichen Universitäten zu oberflächlich und die guten Schulen mit Industriekontakt sind privat und teuer (z.B. Games Academy in Berlin).
Meine Empfehlung ist, dass man sich erstmal mit der Spieleentwicklung selbst auseinander setzt und alle die verschieden Disziplinen kennenlernt und zu verstehen versucht, welche Voraussetzungen und Risiken diese Branche mit sich bringt. Und wenn man dann immernoch meint, dass man diesen Weg einschlagen will, dann sollte man einfach anfangen Spiele zu machen. Das ist mehr wert als alles andere. Ob man dann im Endeffekt ein spezialisierten Studiengang wählt oder ein allgemeines Informatik-Studium betreibt ist dann fast egal, weil man sich die wichtigen Dinge dann im Grunde selbst beibringt.
Meine persönliche Empfehlung ist jedoch ein allgemeines Studium vorzuziehen und da evtl. zu schauen, ob man nicht irgendwo einen guten Medieninformatik-Studiengang findet. Da lernt man die Basics (Grafikprogrammierung, Simulation und VOR ALLEM 3D Mathematik) und ist später mal flexibel, sollte einem dieser Beruf doch nicht gefallen. Dann halt schauen, was drum herum angeboten wird. Vielleicht gibt es ja kleine Gruppierungen von Spieleentwicklern - also Gleichgesinnte - mit denen man sich zusammentun kann, um dann zu machen, worauf es ankommt: Spiele.
(Sorry für den langen Post)