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Zitat
„Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand, dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet?“ - Horst Köhler, im Zuge der Trauerfeier zum Gedenken der Opfer.
Der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass es in Deutschland Millionen von Menschen gibt, die regelmäßig Konsolen- oder Computerspiele spielen. Ist jeder von ihnen ein potenzieller Täter, weil er dies tut?
NEIN, sicherlich nicht. Bisher ist unklar, ob Tim in psychotherapeutischer Behandlung war oder nicht. Die Eltern bestreiten dies, in seinem Zimmer wurde laut dem baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech eine Bescheinigung über seine Wehrdienstfähigkeit gefunden, laut der er seit 2008 behandelt wurde, die Therapie aber abgebrochen habe. Lügen die Eltern?
Keine Ahnung. Ein “langjähriger Freund” von Tim K. berichtete folgendes über sein Privatleben:
Tim sei nie auf Partys gegangen, hätte kaum Freunde gehabt. Stattdessen habe er meist am Computer Ego-Shooter gespielt.
Der Vater fährt Porsche, die Eltern scheinen Kohle zu haben. Ist ein Kind vergleichsweise wohltätiger Eltern vor Mobbing, Einsamkeit und sozialer Abgrenzung geschützt? Kein Stück. Er hatte definitiv Probleme und wusste keinen Ausweg mehr. Es spricht sehr viel dafür, dass er schlechte Erfahrungen in der Schule gemacht hat, welche nicht ausreichend behandelt wurden. Lehrer müssen stärker psychisch geschult werden, um Kindern in ihrer Entwicklungsphase helfen zu können, früh ein “gesundes” soziales Umfeld zu bilden.
Ich weiss, wovon ich spreche. Aufgewachsen mit ADHS, bin ich in als Zappelphilipp der Klasse oft abgrenzt und gemobbt worden, bis sich das irgendwann gebessert hat. Meine Lehrer waren größenteils total überfordert und haben, aus meiner heutigen Sichtweise, nicht angemessen reagiert. Vielleicht war das auch ein Grund, warum ich so früh erste Kontakte mit dem Computer und natürlich auch mit Spielen gemacht habe. Ein Großteil meiner Jugend bestand daraus und natürlich habe ich auch verbotene Spiele gespielt. Nicht weil es da so schön splattert, sondern weil es größtenteils einfach gute Spiele waren, die langen Spielspaß garantiert haben.
Mal etwas generelles zu Computerspielen.
Aber meine Eltern wussten nicht, was ich spiele. Bei “gewalttätigen” Spielen klingeln natürlich bei jeder Familie die Alarmglocken, oh mein Gott. Spiele werden durch die fortgeschrittenen Möglichkeiten immer realistischer und die Gewaltdarstellung ebenso. Ich muss verschmitzt grinsen, wenn bei Fallout 3 die Einzelteile eines feindlichen Punkhippie sich total überzeichnet in alle Himmelsrichtungen verteilen. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, Spiele die ich für total sinnlos und bescheuert halte. Spiele wie Hostel, die gleichnamige Umsetzung des Filmes, foltern als Spielziel, na prost Mahlzeit.
Zurück zu Tim:
Der Mensch ist in der Lage, zu Problemen eigenständig Lösungen zu finden. Darum haben wir die Evolution voran getrieben, Computer erschaffen, Kulturen aufgebaut und den Weltraum erforscht. Wenn wir versuchen, neue Lösungen zu finden, versuchen insbesondere unsere besonderen Fähigkeiten, jeder hat welche, einzusetzen. Tim K. konnte mit Waffen schießen und hat im Zuge seiner “Lösung” sein Hobby dazu benutzt. Hätte er eine Ausbildung zum Fleischer gemacht, wäre es vielleicht ein Bolzenschussgewehr gewesen. Das klingt jetzt vielleicht makaber und der tägliche Umgang mit Werkzeugen oder Waffen erleichtert sicherlich die Entscheidung, diese nicht nur für den bisherigen Einsatzzweck zu benutzen. Wieviele haben noch gleich Grundwehrdienst gemacht und mit ihrem G36C geballert, sind das alle potenzielle Amokläufer?
Jeder Mensch hat die Möglichkeit, eine andere Person zu töten. Aber - gott sei dank -, denken die meisten Menschen nicht mal daran. Die Lösung unseres, gesellschaftlichen Problemes liegt daher darin, Menschen geistig vom Gedanken, andere Menschen töten zu wollen, ab zu halten. Computerspiele sind zu unpersönlich, um diese Gedanken zu erzeugen. Ich denke nicht beim virtuellen erschießen eines gegnerischen Mitspielers bei “Counter-Strike” daran, dass das irgendeine Person aus meinem Umfeld ist. Stattdessen freue ich mich, dass mein Punktestand um eins gewachsen ist und ich spielerisch überlegen war. Jeder Mensch kann zwischen einem Spiel und der Realität unterscheiden. Spiele und auch Filme können sicherlich, das streite ich nicht ab, die Art dieser Gewaltausdrücke beeinflussen. Wer wäre nicht gerne James Bond und würde die Bösewichte im coolen Anzug über den Haufen ballern?
Genügend Vorlagen für die Umsetzung eines gibt es auch in der realen Welt, dazu brauchen wir keine Computerspiele. Müssen wir jetzt Dokumentationen über Bürgerkriege verbieten, weil sich Amokläufer gesehene Massenerschießungen als Vorbild nehmen können?
Ihr wisst, worauf ich hinaus möchte. Im Prinzip musste die Politik reagieren, um den gemeinen Pöbel, Eltern und Angehörige zufrieden zu stellen.
Köhler sagte, die wichtigste Voraussetzung, um einander verstehen, annehmen und helfen zu können, sei es, einen Menschen so wahrzunehmen, wie er ist. „Da haben auch die Schulgemeinschaften eine wichtige Aufgabe.“ Wirklich wichtig sei, „dass wir uns umeinander kümmern, dass wir uns gegenseitig annehmen und dass wir füreinander da sind“- Quelle: www.welt.de
Da hat der gute Mann recht und genau das ist es, was wir als Gesellschaft brauchen. Wer kennt diese Aussage, wieviele Zeitschriften titeln stattdessen lieber die gängigen Aussagen wie “Verbietet Killerspiele” oder noch besser, “Gewaltspiele”, wo das Töten als Ziel verstanden wird. Wie viele von diesen Menschen haben jemals damit was zu tun gehabt, haben mal einen Tag lang gespielt?
Ich kann mich leider nicht mehr erinnern wo ich es gefunden hatte, aber es wurden mal Eltern zu einer speziell dafür durchgeführten Lanparty eingeladen, auf der sie die gängigen Computerspiele anzocken durften. Die meisten waren begeistert und haben verstanden, warum “Töten für den Punktestand” sehr viel virtueller bleibt, als das so vielfach propagiert wird. Den meisten Eltern bleibt diese Erfahrung aber verborgen und sie müssen sich auf die gekünstelten Aussagen der gängigen Zeitungen verlassen, die im Zuge der Auflagensteigerung noch gezielt übertreiben.
Was bliebt ihm also anderes übrig als dafür zu sprechen, dem Horst Köhler, wenn selbst die Angehörigen der Opfer ein “Verbot von Killerspielen” fordern. In der blumigen Wunschwelt funktioniert das vielleicht auch, in unserer nicht. Die Jugendlichen werden sich weiterhin, ungeachtet des Verbotes, die Spiele besorgen. Darum sollten wir um auf die gesellschaftlichen Ursachen für solche Amokläufe kümmern. Alles andere entspricht dem Abhacken eines Kopfes einer Hydra, für jeden wachsen zwei neue nach. Harte Drogen sind auch verboten, trotzdem bekommt sie auf Wunsch jeder.
Trotzdem:
Mein Beileid den Angehörigen. Bedenken sie ihr Urteil über Computerspiele.
Anonymous
unregistriert
Zitat
Egal - bei ca. 80 Millionen Deutscher sind die Fallzahlen so gering, dass man keine statistischen Aussagen treffen kann. Die Zahl der Lottogewinner, Tote durch Blitzschlag, Ertrunkener sind viel, viel höher
Zitat
Der Amoklauf ist der öffentlich inszenierte Selbstmord, die Blutorgie als Kapitulation, das Massaker als letzte Machtfantasie. Dieser Raum der Seele gehört der Psychiatrie, nicht der Soziologie, die aus Einzelbeispielen keine Theorie formen kann.
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