Vorab: Ich klinge in meiner Art immer sehr harsch, meine aber es nichtmal halb so böse wies klingt. Also bitte nimm es mir nicht übel, wenn ich mal ein bisschen fies klinge
. Außerdem bin ich bei Weitem kein Experte und möchte hiermit auch klarstellen, dass ich mich nicht als solcher darstellen will. Ich habe lediglich eine gewisse Sicht auf die Dinge die ich teilen möchte!
Also ich habe mir das PDF jetzt mal angesehen(man siehe es mir nach, dass ich nicht jedes Detail gelesen habe...) und muss eine Sache feststellen:
Hier wird der selbe Fehler gemacht, den auch schon viele andere MMOs vorher gemacht haben. Hier wird versucht, ein Singleplayer-Rollenspiel in MMO-Form zu bringen.
Das funktioniert aus einigen Gründen nicht:
Singleplayer RPGs zeichnen sich durch Story, Grafik und Charakter-"Uniqueness" ab. Man wird mitgerissen von schön gestalteten Welten, glaubhaften Charakteren und man begleitet eine Person durch eine Geschichte, die an Spannung mit einem Buch mithalten kann.
Das alles ist, zumindest nach heutigem Stand, unmöglich in ein MMORPG unterzubringen. Eine zu hohe Grafik schränkt die Welt ein, eine glaubhafte Story umzusetzen schränkt den Multiplayerpart ein und jeden Charakter "unique" zu haben spricht gegen jegliches Prinzip von MMORPGs.
Ich sehe einen starken Fokus auf Story, Charakterwerte und Dialogbäume. Aber was macht denn ein MMORPG überhaupt aus? Ich erinner mich mal an meine ersten Tage in einem MMORPG: Ragnarok Online. Ich habe mich an den PC gesetzt, eingeloggt, wischiwaschi einen Charakter erstellt und bin ins Spiel gegangen. Was habe ich gemacht? Mich sofort mit meinen Freunden getroffen und losgekloppt. Stundenlang. Story? Egal. Grafik? Pfft, Comicgrafik. Die ist ok und tut in den Augen nicht weh - reicht!
Heutige MMORPGs werden ähnlich gespielt. Sehen wir uns mal WoW an: Eingeloggt und losgeraidet. Die Story ist nebensächlich. Längst. Und wie ist das bei einem sehr storylastigem Spiel wie zum Beispiel SWTOR? Die Story und Grafik ist schön, aber alles andere ist langweilig und deswegen ist das ganze Spiel bereits nach wenigen Wochen gescheitert.
Nun kommt das vielleicht doof rüber, weil ich dein Design Dokument mit modernen MMORPGs vergleiche. Und offensichtlich ist das ein unfairer Vergleich, aber nichtsdestotrotz werde ich mich doch mal an Genreähnlichen Spielen halten, wenn ich jetzt näher auf das Spiel eingehe.
Fangen wir mal beim Kampfsystem an. Bereits dieser Satz macht mir sorgen:
Das Kampfsystem ist auch ein Teil des Gameplays und erlaubt durch seine Vollständigkeit durchaus eine Beurteilung.
Der Satz kann so gar nicht stimmen. Wenn du nicht gerade ein Adventure oder Sammelspiel machst, ist das Kampfsystem de facto DAS Gameplay-Element überhaupt! Natürlich sind Dialoge, Looten und Welt erkunden etc. alles Elemente des Spiels, aber keine Spielelemente. Spielelemente, oder lieber Mechaniken, sind tatsächliche Interaktionen und die Interaktion, die in einem MMORPG zu 90% Anwendung findet, ist das Kämpfen. Ohne Kampf kein Konflikt, ohne Konflikt kein (vernünftiger) Dialog. Ohne Kampf kein Loot, ohne Loot kein Basteln, ohne Kampf keine Bewegung, ohne Bewegung keine Erkundung. Alles läuft aufs Kämpfen hinaus, wenn man nicht gerade explizit ein pazifistisches Spiel entwickelt
.
Die Beschreibung des Kampfsystems ist sehr marode. Ok, 0.5 Sekunden Schwungzeit für eine Waffe. 1.5 Sekunden Castzeit für Bogen- und Magieattacken. Und wie wird das durchgebracht? Wann beginnt diese Castzeit? Welche anderen Einflüsse, die der Spieler hat, sind hier enthalten? Muss ich klicken? Zielt man automatisch? Zielt man sogar manuell? Wie läuft der Kampf ab? Gibt es einen globalen Tick oder startet alles asynchron?
Auf Anhieb klingt das Kampfsystem sehr lahm. Normalerweise ist 1.5 Sekunden für ein Skill schon echt lang, und wenn das bereits die Grundcastzeit ist, darf man nicht mehr viel drauf legen. Denn sonst hat der Krieger es wesentlich einfacher, als Magier im Kampf, oder ist extrem viel schlechter. Bereits hier beginnt das Balancing: Delays und Timing im Allgemeinen sind das A und O eines Kampfsystems. Schaden will gezielt verteilt werden und einfach irgendwelche Zahlen raushauen ohne die Konsequenzen zu nennen ist nicht gerade der richtige Weg.
Ich würde vorschlagen, hier zu verallgemeinern und Prinzipien zu nennen, die du verfolgen willst. Etwa: Ein Magier sollte niemals den direkten Kampf mit einem Monster suchen, während der Krieger problemlos Schaden bekommen sollte, ohne sich (zu schnell) in Lebensgefahr zu begeben.
Das kann man später leichter anpassen und man ist offen für mehrere Lösungswege, anstatt sich auf eine Sache zu versteifen. Hier muss in meinen Augen viel getestet werden, was natürlich in reiner Textform nicht möglich ist.
Den nächsten Punkt finde ich gut: Die Anzeige der Attacken durch entsprechende Leisten UND Animationen. Das ist in einem guten Kampfsystem wirklich wichtig, denn nichts ist frustrierender, als eine Attacke abzubekommen, mit der man nicht rechnet! Man sollte nicht alles auf einem Servierteller präsentiert bekommen, aber fleißige Spieler zu belohnen, ist immer gut. Allerdings kann auch hier viel mehr darauf eingegangen werden: Wie sollten diese Animationen aussehen?
Die Castzeit eines Bogen- oder Armbrustschusses oder eines Zaubers bricht bei Standardattacken bei Bewegung nicht ab und verringert die Laufgeschwindigkeit nicht. Die stärkeren klassenspezifischen Schüsse oder Casts eines nicht-magischen oder eines magischen Fernkämpfers können auch fast alle im Laufen gewirkt werden, jedoch ist dabei die Laufgeschwindigkeit in den meisten Fällen um eine bestimmte Prozentzahl verringert. Wenige Ausnahmen bestehen in besonders mächtigen klassenspezifischen Fähigkeiten des Bogenschützen, des Eremiten, des Heiligen, der Hexe, des Nekyomanten und des Zauberers, die ihre volle Konzentration erfordern und während derer sie bewegungslos stehen bleiben müssen.
Im Prinzip sagst du hier nichts anderes als:
Wenn ein Magier angreift, ist er tot.
In einem Szenario, in dem ein Spieler kiten kann, ist es wichtig gleiche oder bessere Geschwindigkeit gegenüber dem Gegner zu haben, ansonsten muss man extrem viel DPS haben, um den Gegner zu töten bevor er einen erreichen kann, oder einfach immer langsamer sein und trotz des Kitens getroffen werden und aufgrund des geringen Lebens zu sterben.
Besonders die Mindestdistanz von 3 Metern bei einem Bogen wirft hier große Fragen auf, wie das denn ordentlich funktionieren soll.
Hier ist also keine wirklich tolle Kampfmechanik beschrieben, im Prinzip ist es hier am besten für einen Magier, möglichst weit hinten zu stehen und die dicksten Sprüche rauszuhauen. Alles andere wäre Verschwendung. Hier ist also noch deutlicher Nachhocholbedarf in meinen Augen.
Die Standardverteidigungen finde ich schön geschrieben, da sind eigentlich keine offenen Fragen. Lediglich Metaeinflüsse wie etwa ob die Distanz zu einem angreifenden Magier den Spruch abbricht sollten hier noch ergänzt werden.
Die Details zu Zahlen und den anderen Einflüssen finde ich ok, hier habe ich lediglich die Kritik, dass das alles sehr komplex wirkt und auch eher zu einem Singleplayer-RPG passt als zu einem MMORPG. Besonders in Kämpfen mit vielen Personen ist ein zu komplexes System eher schadhaft als nützlich.
Die Nicht-Kampf Aktionen sind da ähnllich, ich sehe da keine Möglichkeit gute MMORPG-Spielmechaniken daraus zu entwickeln, sondern eher RPG-Elemente die man in einem Gothic 1 oder 2 sehen würde.
Ich hoffe ich habe dir mit meiner Kritik helfen können. Im Allgemeinen finde ich die Aufmachung sehr interessant und als RPG-Fan finde ich persönlich die vielen RPG-Elemente nichtmal schlimm, ich bezweifle halt nur, dass sie so funktionieren werden, wie du dir das wünschst!
Viel Glück bei deinem (hoffentlich bald tatsächlichem) Projekt!)