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xardias

Community-Fossil

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71

24.05.2011, 18:05

TGGC, du bringst mich echt ins grübeln, danke dir :)

Also nach meiner Argumentation müsste ich den Herrn definitiv vor den Zug werfen. Es fühlt sich jedoch absolut falsch an, auch wenn man hier eigentlich noch mehr Grund dafür hat sich so zu entscheiden.

Vorher war es 1 Arbeiter gegen 5 Arbeiter, man musste bei allen 6 von "Durchschnittsmenschen" ausgehen, da man ja absolut nichts über sie wusste.
Jetzt weiß man jedoch, dass das "Opfer" ein übergewichtiger Mann ist. Das hat rein statistisch einige Auswirkungen:
- Er ist tendenziell öfter Krank
- Er hat tendenziell eine geringere Lebenserwartung
- Er ist tendenziell weniger körperlich Leistungsfähig
- Er ist tendenziell weniger geistig Leistungsfähig
- Er ist tendenziell eher unausgeglichen

Also die zu erwartende Wertschöpfung für die Welt ist tendenziell geringer als bei den anderen Arbeitern, somit hat man quasi noch mehr Grund sich für das "Opfern" zu entscheiden. Ob es nun Weiche Umstellen oder Schubsen ist, ist dabei ja kein Unterschied.

Dennoch fühlt es sich so einfach falsch an. Aber woher genau das kommt weiß ich nicht, evtl daher, dass der dicke Mann vom Gefühl her unbeteiligt an der Situation ist. Und du dich entscheiden würdest eine unbeteiligte Person zu opfern. Doch wirklich gut ist das Argument nicht.

Ich glaube das gibt sehr interessante Diskussionen auf der Devmania *g* Ich freue mich schon :)

Fred

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72

24.05.2011, 18:11

Du hast mich schon richtig verstanden. Allerdings war meine Antwort auf dieses Beispiel ausgelegt. Ich würde in diesem Beispiel so handeln, weil ich durch einfaches Umlegen eines Hebels 4 Menschenleben retten kann.
In deinem neuen Beispiel jedoch liegen die Verhältnisse ja doch ein bisschen anders. Zum Zeitpunkt der Einlieferung gab es einen Patienten, der alle Blutreserven benötigte. Erst nachdem die Bluttransfusion abgeschlossen war - und somit die Entscheidug fiel, diesem Menschen das Leben zu retten - kommen plötzlich 5 weitere Fälle, die ebenfalls eine Bluttransfusion benötigen. Für mich ist es jetzt allerdings nicht der logsiche Schritt, den alten Patienten wieder auf zu schneiden. Denn dieser war vor den anderen Personen da und hat somit eine medizinische Behandlung bekommen, die ihm möglich war. Für die anderen ist das eben nicht mehr möglich. Dennoch könnte ich es moralisch nicht unterstützen, diesen Menschen zu töten - einfach aus dem Grund, weil es ein völlig anderes Beispiel ist, da bspw. die Patienten eben nicht gleichzeitig der medizinischen Versorgung bedürfen.
Mit der gleichen Begründung könnte ich mir im Krankenhaus auch irgendeinen Besucher schnappen, schnell seine Blutwerte analysieren und wenn sie passen, diesem dann sein Blut entnehmen, um andere zu retten. Zwar stirbt dann auch ein Mensch, aber das ist ja besser als wenn mehrere sterben, die dieser Blutgruppe bedürfen. Ich denke du kannst mir folgen, dass das auch ein ziemlich absurdes System wäre(möglicherweise vertreten Leute diese Ansicht, ich eben nicht).

In deinem Beispiel wurde für mich der Mann behandelt und diese Entscheidung(ihn zu behandeln oder nicht zu behandeln ist damit entschieden). Diese Behandlung hat für mich nun aber keine Auswirkungen mehr auf die Behandlung der nachfolgenden Patienten, da das Töten dieses Mannes für mich dem Töten eines beliebigen Mannes zur Rettung mehrerer Menschne gleich käme, was ich in diesem Fall ziemlich absurd fände.
Da das ganze aber moralische Fragen sind, kann ich dir leider auch nicht sagen, wie die "Grenze" definiert ist. Das hängt eben immer von den verschiedensten Aspekten ab. Und ich bin mir sicher, du kannst dir wieder ein neues Beispiel aus den Fingern saugen, das sich auf vorherige Aussagen von mir stützt, in dem ich dann aber - aufgrund anderer Einflüsse - wieder anders entscheiden würde.
So ist das nun mal und ich finde es auch gut, wenn man in der Lage ist, verschiedene Situationen abzuwägen und nicht jede Situation auf die gleichen primitiven Handlungen reduziert. Denn sonst landet man sehr schnell bei einem Extremismus, der nicht unbedingt gut ist.

Ein Beispiel würde dann etwa, wie schon erwähnt, wie folgt lauten:
In einem Krankenhaus befinden sich 5 Patienten, die eine Bluttransfusion benötigen. Alle benötigen das gleiche Blut. Es sind allerdings keine Blutreserven vorhanden. Zufällig befindet sich jedoch genau eine Person im Krankenhaus, die über die entsprechende Blutgruppe verfügt. Man würde allerdings so viel Blut benötigen, dass die Person vmtl. nicht am Leben erhalten werden könnte. Sollte nun diese eine Person zum Wohle der anderen ihr Blut hergeben?

TGGC

1x Rätselkönig

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73

24.05.2011, 21:59

Fred, der Sinn ist ja, das sich die Szenarien unterscheiden. Ich versuche herauszubekommen, wie du zu deinem Urteil kommst. Ich will wissen, inwieweit du deine Argumentation anwendest oder ob du noch stiillschweigende Annahmen getroffen hast, die du bisher nicht erwaehnst. Du sagst jetzt, wir duerfen demjenigen das Blut nicht wegnehmen, da er einen "Besitzanspruch" darauf hat, nachdem er es eingefuellt bekommen hatte. Wir muessen aber mal noch etwas mehr nachbohren, um deine Grenze zu finden. ;-) Wuerdest du denn einen dicken Mann auf die Gleise schubsen?

@xardias: Die "Beteiligung" ist ja schonmal ein Ansatz, allerdings ziemlich schwer zu definieren. Zum Beispiel ist der Patient, der die 5 Bluttransfusionen verbraucht, eindeutig beteiligt. Das erscheint mir daher etwas schwammig und nicht das zu sein, auf was du eigentlich hinauswillst. Ich denke den Fall im Krankenhaus lehnst du erst recht ab, sobald mal einer die Transfusion bekommen hat?

Pulse

Frischling

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74

25.05.2011, 00:07

Okay, die letzten zwei Moralszenen sind tatsächlich ein wenig lächerlich.
Abstrakte Szenarien sind ja schön und gut, aber sollten sie doch nicht zu unrealistisch sein.

Dass ein Mensch alle Blutkonserven eines Krankenhauses verbraucht, und danach direkt 5 Leute mit der gleichen Blutgruppe rein kommen...

Dass ein Mensch fett genug ist, einen Zug aufzuhalten... (Stromleitung zählt nicht, das kriegt man auch wesentlich einfacher aus)

Also würde gerne mal eine vernünftige und realitätsnahere Moralfrage sehen.
Gibt doch z.B. diese Moralfrage, ob ein entführtes Flugzeug abgeschossen werden darf, wenn man davon ausgehen muss, dass die Terroristen damit irgendwo reinfliegen wollen.

Die abstrakten Beispiele bringen meiner Ansicht nach nicht viel ohne die genauen Voraussetzungen zu kennen.

TGGC

1x Rätselkönig

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75

25.05.2011, 10:04

Der Sinn ist, das es abstrakte Szenarien sind. Wenn du dich damit nicht beschaeftigen willst, dann lass es. Was macht es fuer einen Unterschied, wenn ich das realistischer beschreibe? Wenn ich dir eine Geschichte dazubastle, warum es nur noch 5 Blutkonserven gibt? Wenn ich den Zug durch ein kleines Auto austausche das 5 Bauarbeiter von der Bruecke stoesst, wenn du den Mann nicht davorschubst? Wenn du damit anfaengst, dann kannst du das bei jedem Szenario machen. Es ist ein abstraktes Szenario, das ist per Definition nicht realistisch und es spielt letztendlich keine Rolle, wie realistisch man es macht. Diese Diskussion bringt uns nicht weiter, solange du nicht beweist das es niemals ein reales Szenario geben kann, was diesem aehnlich genug ist um genauso zu entscheiden.

Wuerdest du einem Mann Aufschnippeln um Blut/ Organe zu entnehmen, die man gerade eben eingesetzt hat, wenn dadurch 5 Leute gerettet werden?

Wuerdest du einem Mann vor ein Zug/ Auto schubsen, wenn dadurch 5 Leute gerettet werden?

Mastermind

unregistriert

76

25.05.2011, 11:37

Meiner Meinung nach hast du durch "dick" und im Zweifel auch durch "Mann" den Bereich des Abstrakten längst verlassen, was man auch an xardias Beitrag sieht (Dicke sind geistig weniger Leistungsfähig? Die Studie würd ich aber gerne mal sehen). Kannst ja mal Frau Schwarzer fragen, ob sie einen (dicken) Mann opfern würde wenn das 5 Frauen retten würde :)

TGGC

1x Rätselkönig

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77

25.05.2011, 11:50

Das ist deine Meinung. Trotzdem behaupte ich, du drueckst dich um die Antwort und die Begruendung, wenn du das es einfach als unrealistisch ablehnst.

Wuerde Frau Schwarzer jemanden opfern, weil er ein Mann ist, dann wuesste man, was sie von "Gleichberechtigung" haelt.

Mastermind

unregistriert

78

25.05.2011, 12:19

Die beste Antwort die ich dir geben kann ist diese:

Ich erkenne an, dass die abstrakten Probleme hinter den Szenarien die du beschreibst (Hebel umlegen vs. Schubsen) hinreichend voneinander verschieden sind um jeweils interessant zu sein und hinreichend komplex um eine Diskussion über Ethik loszubrechen (was ja hier auch stattgefunden hat). Wenn du damit die Schwächen des gängigen Wertesystems aufdecken wolltest ist es dir gelungen. Ich denke aber der Gödelsche Unvollständigkeitssatz besagt sowas ähnliches.

Du hast aber nicht gefragt was man abstrakt ethisch von dem Problem hält sondern wie man sich in der konkreten Situation verhalten würde (Schlüsselwort Moral ist hier wohl auch wichtig als "angewandte Ethik"). Ich denke ich wäre in beiden Fällen von der Situation derartig überfordert/paralysiert dass ich nicht zu einer aktiven Handlung in der Lage wäre und insofern nicht eingreifen würde.

TGGC

1x Rätselkönig

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79

25.05.2011, 14:01

Das ist ja schon eher eine akzeptable Antwort. :-)

Aber haettest du denn auch eine Einschaetzung, welche der angeboteten Handlungsalternativen dir jeweils moralisch gerechter erscheinen? Und nehmen wir an, die UBahn hat schon einen Bahnarbeiter ueberrollt und wird noch 4 weitere ueberrollen, falls du nicht die Weiche stellst und der Zug auf ein leeres Gleis geleitet wird. Bist du dann auch zu paralysiert um aktiv zu Handeln? Wir wollen jdir ja nicht wuenschen, das du mal in der Realitataet auf so etwas triffst und dann fuer immer mit deinem Nichthandeln leben musst.

xardias

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80

25.05.2011, 23:01

Mastermind: Okay das war etwas ungünstig ausgedrückt ;) Ich bin davon ausgegangen, dass eine stark übergewichtige Person weniger Sport treibt als eine schlanke Person (Muss nicht immer so sein, wird aber häufig so sein).
Sport und ein fitter Körper steigern die geistige Leistungsfähigkeit in vielen Bereichen.

Daher nutzt eine übergewichtige Person in der Regel nicht ihre volle geistige Leistungsfähigkeit. Somit ist auch der durchschnittliche übergewichtige Mensch tendenziell weniger geistig Leistungsfähig als ein durchschnittlicher normal gewichtiger Mensch.

Studien zum Thema geistige Leistung und Sport/Fitness gibt es reichlich, kann ich gerne raussuchen falls es dich interessiert.


TGGC: Das Krankenhaus Szenario und das letzte Bahn Szenario haben für mich denke ich die selbe Bedeutung. Bei beiden würde ich sagen, dass das Opfern der einen Person dem Allgemeinwohl zu gute kommen würde, es sich jedoch völlig falsch anfühlt.

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